Story des Monats

Juli - August 2016


 
Clark Terry
Das "Mitbringsel"
 
Clark Terry Clark Terry, Red Holloway, Joschi Schneeberger Art Farmer, Al Grey, Clark Terry
Clark Terry Clark Terry und Red Holloway Art Farmer, Al Grey und Clark Terry
 

Zumindest dreimal ereignete es sich in der Geschichte des JAZZLAND, daß ein von uns engagierter Musiker überraschenderweise einen Kollegen mitbrachte - das obenerwähnte "Mitbringsel" eben -, und in allen drei Fällen erwies sich diese Tatsache als überaus erfreulich. Das erste Mal hatte ich den großen Jimmy McPartland über meinen englischen Partner Robert Masters im Jahre 1975 engagiert. Fast verlegen versuchte mir Robert klar zu machen, daß er einen zweiten Musiker (immerhin ohne Gage, nur die Reisekosten und das Hotel) würde mitschicken müssen, denn Jimmy könne oder wolle nicht alleine reisen. Als ich schließlich und endlich hörte, daß es sich bei dem "Mitbringsel" um den herrlichen Dick Cary - siehe auch Story im JAZZLAND-Buch 1 - (gleichermaßen als Pianist, Trompeter und Spezialist für das "peckhorn" bedeutend) handelte, hätte ich Robert am liebsten umarmt, was telephonisch natürlich nicht ging - und was vielleicht gut so war, denn man kann nie wissen, wie ein unterkühlter Brite auf mitteleuropäische Gefühlswallungen reagieren mag.

Ähnlich war es mit dem Tenorsaxophonisten Buddy Tate im Jahre 1977. Er sei nicht mehr so gut drauf, teilte man mir mit, man müsse ihm sozusagen als Roadmanager einen jungen Mann mitgeben - einen gewissen Jim Galloway. Und abermals tätigte ich innerlich übermütige Luftsprünge, denn ich kannte den schottischen Kanadier schon aus Nizza. Dort trat er mit seiner eigenen Band auf, in der u. a. Buck Clayton (fast kein brauchbarer Ansatz mehr, aber trotzdem ein Erlebnis), Jay McShann (wenn ich damals daran gedacht hätte, diesen Giganten mehrmals ins JAZZLAND zu bringen, hätte ich mich selbst zum Psychiater geschickt) und eben Buddy Tate zu hören waren. Keine Frage - dankbar akzeptierte ich auch diese "Zugabe". Im Februar 2000 gastierte der grandiose Blues- und Jazzsaxophonist Red Holloway mit der gleichwertigen Mojo Blues Band und meinte, daß er - so gerne er Rhythm & Blues spielt - sich auch wieder einmal sehr darauf freuen würde, mit seinen Wiener Jazz-Freunden so richtig im modernen Swing-Bereich zu jammen. Er wäre im Juni auf einer Kreuzfahrt am Mittelmeer, da könne er vorher einige Tage nach Wien kommen. Wir vereinbarten die entsprechenden Tage, und ich freute mich auf vier Abende mit Red mit wechselnden Wiener Gruppen. Dann kam ein Anruf, es ginge leider nicht wie geplant, denn der wunderbare Clark Terry wäre auch auf dem Kreuzfahrtschiff, und er - Red - müsse den schwer sehbehinderten Clark auf der Reise und überhaupt ein wenig betreuen und bemuttern. Und so kam es dazu, daß ich diese beiden Giganten gemeinsam auf die winzige JAZZLAND-Bühne bekommen konnte. Der einzige "Leidtragende" war Gerd Bienert, dem ich seinen Auftritt mit Red wieder wegnehmen mußte, denn eine wechselnde Besetzung konnten und wollten wir den alten Herren nicht zumuten.

Ein besonderes Erlebnis bescherte uns Clark Terry am 7.7.1997: er besuchte das 'landl mit seiner kompletten Band, um einen unserer treuesten "Einsteiger", den unvergleichlichen Posaunisten Al Grey, der mit "Together" erstmals offiziell bei uns gastierte, zu hören - und wir durften erstaunt und auch ein wenig stolz feststellen, daß immerhin vier Mitglieder seines All-Star-Quintetts alte JAZZLAND-Musiker waren: Clark Terry selbst natürlich, der erstaunliche junge Altsaxophonist Dave Glasser, Pianist Don Friedman und Bassist Marcus McLaurie waren schon als Bandleader (Terry & Glasser), als Co-Bandleader (Friedman mit Lee Konitz & Attila Zoller) und als Sideman (McLaurie bei Lou Donaldson) bei uns zu Gast gewesen. Nur die junge Drummerin Sylvia Cuenca war keine 'landl-Musikerin - aber das kann sich ja noch ändern: die bezaubernde Dame ist noch blutjung. Daß dann noch Art Farmer als zusätzlicher Höhepunkt "einstieg", machte diesen speziellen Al-Grey-Tag zu einem der absoluten Highlights in der 25jährigen JAZZLAND-Geschichte.


© Axel Melhardt
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