Story des Monats

Mai - Juni 2016


Kapitel 34 einer (möglichst) langen Serie .....
Axel Melhardt Axel Melhardt plaudert:

 
Bill Ramsey
Ein GI in Mitteleuropa
 
Bill Ramsey Tilly Melhardt
Bill Ramsey voc Tilly Melhardt - "Ode an Bill"
 

Wie es in den Überresten des Großdeutschen Reiches in den Jahren nach 1945 ausgesehen hat, wissen nur mehr die überlebenden Alten – die Jungen können es sich heute nicht einmal in ihren schlimmsten Albträumen vorstellen, daß es im Ersten Bezirk fast kein intaktes Haus mehr gegeben hat und daß man von der Oper aus quer durch die Innenstadt die Urania sehen konnte. Die Brücken über den Donaukanal lagen im Wasser und wenn man in den Zweiten Bezirk wollte, mußte man sich über die zerborstene Fahrbahn bis zum (trotzdem klaren) Wasser hinunter turnen, dann stieg man in ein Schinakel, das einige Meter bis zur jenseitigen Schiefen Ebene zurücklegte, auf der man sich dann Richtung Leopoldstadt hinauf kämpfen mußte....

Dasselbe Bild rund um die Donaubrücken, um die Bahnhöfe und alle Industriegebiete – das aber natürlich nicht nur in Wien (daran kann ich mich persönlich erinnern) sondern auch in den größeren Städten zwischen Boden- und Neusiedlersee und natürlich im gesamten "Altreich" vom Bodensee bis zur Nord- oder Ostsee.

In diese Ruinenlandschaft kam der blutjunge Bill Ramsey als "Besatzungssoldat" in die Gegend von Frankfurt am Main, wo er – vertraute Klänge suchend – im Frankfurter Jazzkeller landete (der bis heute noch in Betrieb ist), wo er mit heimischen Jazzern wie Ernst Mosch, Paul Kuhn, Kurt Edelhagen und James Last jamte.

In dieser Zeit wurde er für den Deutschen Schlager entdeckt und stürmte mit Titeln wie Souvenirs, Pigalle, das ist die Große Mausefalle und der Zuckerpuppe aus der Bauchtanzgruppe die damaligen Hitparaden.

Aber wer diese Lieder etwas aufmerkamer analysierte, der bemerkte bald, daß hinter den lustigen Songs mit den ins Ohren gehenden Melodien eine Menge des undefinierbaren und daher geheimnisvollen Jazz-Feelings verborgen war, das man nicht beschreiben sondern nur fühlen kann.

Bill wurde populär, sang, trat auf, verkaufte Schallplatten und wurde in vielen deutschen Filmen vielbeschäftigter und gerngeseher Komiker an der Seite von Stars wie Catarina Valente und Peter Alexander.

Als die Filmproduktion in Deutschland allmählich von Fernsehen und schließlich dem Computer ins Abseits gedrängt wurde, arbeitete Bill für den Rundfunk und gab sein Wissen um unsere Musik an Unis & Hochschulen an die Jungen weiter.

Und dann kam er endlich wieder auf den Jazz zurück und trat begleitet von Combos und Bigbands in Konzerthallen und im TV, in kleinen Clubs und großen Shows auf.

Und seit 2006 kommt er auch zu uns nach Wien, wo er auf eine riesige, treue Fan-Gemeinschaft zählen kann, in der sich alte Fans und neue Bewunderer zahlenmäßig die Waage halten. Mit einer herrlichen Band – Martin Breinschmid vibes & ld, Gerd Bienert g, Richard Oesterreicher hm, Herbert Swoboda / Heribert Kohlich p, Harry Putz b und Wolfgang Kendl dm hat er denjenigen Rückhalt, ohne den kein Sänger gut klingen kann.

Zu seinem heurigen 85. Geburtstag entpuppte sich die Jazzland-Chefin TILLY MELHARDT als "Touch of a Poet!" und widmete ihm diese vielschichtige und zweisprachige Ode, in der man einen guten Teil des Ramsey'schen Repertoires finden kann....

 
Ode an Bill
zum Fünfundachtziger

Nach all' den tristen Nachkriegszeiten
kam Bill daher mit seinen Heiterkeiten.

Er kam mit Armstrong, den wir noch nicht kannten,
für Monroe wir sehr bald entbrannten.

Zur Zuckerpuppe tanzten alle
Mit Krimi-Mimi fuhr'n wir ins Pigalle

Den lust'gen Ami schlossen wir in unsere Herzen,
das Kinogeld bedeutet' manchmal ganz schön Schmerzen.

Wir wollten ihn leibhaftig sehen,
das Lachen sollt' uns nie vergehen.

Es wurd' um Bill dann etwas stiller,
die Stones war'n wohl die lauten Killer.

In dieser Zeit kehrt' er zurück
zu seinem Jazz – zu uns'rem Glück.

Und heuer haben wir zehn volle Jahre
Daß Bill mit Ango kommt und Petra – diese Wunderbare.

Wenn Ramsey's große Stimm' erklingt,
braucht er die Band, die mit ihm swingt.

Night And Day fliegt er mit uns zum Mond,
wo seine Lady Is A Tramp nun wohnt.

Auch liebt er s' Girl From Ipanema sehr,
Has Got Her Under His Skin – das war nicht schwer.

Alright, Okay You Win – meinst Du damit?
Die Pennies From Heaven – ein guter Hit!

Der Hootchie Cootchie Man der dröhnt ganz mächtig,
und Tenderly umschmeichelt alle prächtig.

Beim Georgia On My Mind bleibt kaum ein Auge trocken
Dein feeling soll uns die Wonderful World entlocken.

Du kannst die Menschen so beglücken
Mit Deiner Stimme, Deiner Aura spannst Du Brücken.

Wie sollen wir Dir Dank erbringen?
- am besten: wenn wir Dir dieses Lied nicht singen:

I Can't Give You Anything But Love


© Tilly und Axel Melhardt
Story