September - Oktober 2006
Benny Carter tp (re. Herb Ellis) | Shelly Manne dm | Lee Konitz as | Herb Ellis g (im Hintergrund Red Mitchell) | ||||||
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Manche werden sich wundern, daß in den "Stories des Monats" von so manchem kleineren oder mittleren Jazzstar berichtet wird, während mancher im JAZZLAND gastierender Superstar nur in einem Nebensatz erwähnt wird.
Dies liegt nicht an mangelnder Wertschätzung, sondern oft simpel daran, daß etwa bei einem BENNY CARTER keine Geschichte passiert ist. Er kam nach Wien, um seiner finnischen Frau diese Stadt zu zeigen, sightseete ausführlich und kam abends ziemlich knapp vor seinem Auftritt ins 'landl, um herrlich zu jazzen.
Das ist keine Geschichte.
Oder daß SHELLY MANNE nach stundenlangem Irrflug sein von TONI BRAITNER ausgeborgtes Schlagzeug stimmte, während er seinen Kollegen noch ein paar Stunden Schlaf gönnte, ist auch nicht besonders aufregend.
LEE KONITZ etwa nahm im ORF auf, kam abgehetzt ins 'landl, todmüde und wachte erst bei seinem ersten Ton auf - denn er kann bei seiner Musik einfach nicht schlafen.
Oder HERB ELLIS - diesen wunderbaren Musiker habe ich eigentlich gar nicht kennen gelernt. Er trat öfters bei uns auf, aber ich glaube, ich habe keine drei privaten Worte mit ihm gesprochen, denn er sah - wenn man ihn ansprach - nur gestört von seinem Kriminalroman auf - er scheint ein wortkarger Einzelgänger zu sein.
Über SAMMY PRICE gebe es allerdings einige Schrullen zu erzählen, aber ich fürchte, ich würde mich dabei wieder so über diesen Meister-Pianisten ärgern, daß ich lieber darauf verzichte. Wenn man dies erwähnt, so soll man auch hinzufügen, daß SAMMY sich bei seinem zweiten Besuch ausführlich für seine Garstigkeiten vom Debüt her entschuldigte - er stand damals unter dem alles beherrschenden Einfluß einer sehr jungen (und sehr feschen) aber ebenso geldgierigen Dame, die ihm seine Gage gnadenlos aus der Hose holte - was sonst noch, wollen wir nicht wissen.
Was in noch weit verstärktem Maße über PEANUTS HUCKO gilt, der fast so gut Klarinette spielt wie BENNY GOODMAN und auch mit seinem Charakter den Widerwärtigkeiten des King of Swing um wenig nachstehen dürfte. Der allerdings setzte seiner ersten Untat noch eine zweite hinterher, die die erste um Längen übertraf. Er ist die absolute Nummer Eins auf meiner "den-möchte-ich-nie-wieder-sehen" Liste.
Über RAY BROWN hingegen gebe es nur Positives zu berichten, aber viel mehr als eine Hommage auf einen sehr netten Kerl und gigantischen Musiker würde das auch nicht ergeben. Bei all seinen Gastspielen ist nichts Außergewöhnliches geschehen, es lief bei seiner professionellen Seriosität einfach alles perfekt, glatt und harmonisch ab - und seine Witze (*) sind in einem solchen Rahmen nur schwer wiederzugeben. Bleibt zu vermerken, daß unser Verbrauch an Tabasco bei seinem und GENE HARRIS' Besuch ins Astronomische stieg.
Bleibt als Pointe dieser Geschichte die Tatsache, daß Megastars oft absolut normale, nette Menschen sind, über die es keine Pointen gibt.
(*) Einen - sehr guten - findet Ihr im "Story - Archiv" hier