Mai - Juni 2001
Mit ihm begann es.
Er war der erste Stammgast den wir ins JAZZLAND locken konnten; ein Veteran aus New Orleans, der seit Jahren in Europa, damals im Jahre 1972 in Basel lebte und den man getrost als einen der prominentesten "American in Europe" bezeichnen konnte..
Ich kannte ihn von einem Konzert mit "Armand Gordon & his Ragtime Band" (Paris) her, daß in den frühen 60-er Jahren stattfand, und nach dem er in den "Hot Club de Vienne", der damals in den Katakomben des legendären Golser-Gmoa-Kellers hinter dem Konzerthaus beheimatet war, jammen kam.
Als Begleitband für seinen ersten Soloauftritt in Wien hatte ich die RED HOT PODS ausgesucht, die dem Spielideal jener französischen Band ziemlich nahe kamen.
Und das war ein veritabler Fehler - denn während Arrangeur CLAUS NEMETH mit seinen Mannen gewissenhaft die klassischen Arrangements des LUIS-RUSSEL ORCHESTRAS einstudierte, um Albert eine besondere Freude zu machen, hatte sich der alte Herr (immerhin schon 72 Jahre) inzwischen längst von diesem Musizierideal verabschiedet und wollte eigentlich am liebsten mit einem Swingtrio in Richtung Benny Goodman wandeln.
Ein wenig erinnerte er mich hier an die Haltung von so manchem österreichischen Bergbauern: verschämt verstecken sie die alten herrlichen Bauernhöfe und protzen gerne mit allerwelts Neubauten - aber das ist ein anderes Kapitel.
Am Nachmittag vor der Probe saß Al bei mir in der Wohnung, um seine alten Aufnahmen, die er anscheinend seit Jahren oder sogar Jahrzehnten nicht mehr gehört hatte, wieder kennen zu lernen. Zu seiner größten Überraschung stellte er fest, daß diese Musik eigentlich gar nicht so schlecht und "out of date" war, wie er geglaubt hatte. "It's like Mozart", stellte er schmunzelnd fest, "good things are always good!"
Die bewährten Pfefferschoten gaben ihr Bestes, das JAZZLAND war zum Brechen voll und die ausgelassene Stimmung und die so swingende Musik ergaben einen perfekten Auftakt für die langen Jahre, die - aus damaliger Sicht: überraschenderweise - folgen sollten.
Leider konnten wir diesen liebenswerten Herren nicht nochmals nach Wien holen, denn nur wenige Monate später verstarb er an einer Embolie nach einer an und für sich harmlosen Operation. Mit seiner goldklappenbestückten Klarinette, seinem einmaligen perlenden Ton und seinem bescheidenen Auftreten wird uns dieser Gigant des frühen Jazz immer in bester Erinnerung verbleiben.