März - April 2018
Der emeritierte Bankbeamte hatte seine ersten Auftritte schon um 1950 mit Konrad Bayer (bjo) und bereiste in den 50er Jahren Frankreich und stieg in Paris (wahrscheinlich in der "Caveau de la Hu-chette") bei Sidney Bechet ein.
Als ich in die Szene kam - 1956 - erzählte man mir von einem sagenhaft guten Posaunisten, der leider auf diesem Instrument nicht mehr zu hören sei, sondern nur mehr Klavier spielt.
Ich hielt all diese Erzählungen für leicht übertrieben, als dann aber Walter den beruflich überlasteten Günther "Fatty" Schwarz in der "Original Storyville Jazzband" ablöste, konnte ich mich von der Wahrheit dieser Berichte überzeugen.
Walters Stil ist in den letzten Jahrzehnten gleichgeblieben - voller Liebe zu Jim Robinson und Kid Ory hat er eine eigenständige Diktion innerhalb des klassischen Jazz gefunden, und alle bei uns gastierenden Amerikaner waren von seiner Musikalität und seinem Einfallsreichtum angenehm überrascht.
Eines seiner größten Hobbys war die Fischerei, die er allerdings manchmal bis zum Exzeß ausreizte
In den 60er-Jahren traf sich die Jazzergemeinde an sonntäglichen Nachmittagen sehr häufig im Prater in der "Wieselburger Bierinsel".
Es kann sein, daß eines Tages der Walter vielleicht das eine Seidel oder andere Achtel zuviel getrunken hatte oder auch, daß ihn einfach der Übermut zu gewaltig ritt - beim Verlassen des Lokals angelte er sich jedenfalls aus dem vor dem Lokal befindlichen Aquarium einen fetten Karpfen, stopfte ihn unter seinen Mantel und ergriff in dem schon von weitem durch einen überdimensionierten Steckschlüssel als außergewöhnlich gekennzeichneten Puch 500 von Pia Raczkövi die Flucht.
Zu seinem Pech hatte ein Kellner den ganzen Vorgang beobachtet, und der Wilddiebstahl kam auch zur Anzeige. Glücklicherweise war ich auf der "Insel" bekannt wie ein buntscheckiger Hund, und der Pächter verzichtete nach Bezahlung des Tieres auf weitere Schritte.
Aber, immerhin, das damals noch köstliche "Heitere Bezirksgericht" der "Kronen Zeitung" nahm sich der Angelegenheit an und berichtete über den Fall des Bankbeamten "Walter T".
Walter Terharen hat uns am 26.5.2014 für immer verlassen.
P.S.: Diese Geschichte stammt aus dem Buch "Swing that Music - 30 Jahre JAZZLAND" aus dem Jahr 2002, das leider nicht mehr erhältlich ist.
Dazu noch eine Anekdote von Horst Bichler, Mitbegründer der Barrelhause Jazzband:
Ähnliches passierte im Herbst 1960 in der "Mausefalle" beim Leupold.
Die soeben erst gegründete Barrelhouse Jazzband hatte ihre ersten Auftritte in der Mausefalle mit Otti Kitzler und Franzi Bilik in der Frontline. Die Rhythmusgruppe bestand aus Peter Hofmann, Othmar Gräfinger und mir am Schlagzeug.
Walter Terharen war mit seiner Posaune regelmässig Gast bei uns und sass immer in der Rhythmusgruppe zwischen Peter und mir.
Für uns war das eine grosse Ehre, dass er sich mit uns jungen Newcomern überhaupt abgab und wir waren natürlich mit so einem Start total happy.
Walter war damals noch Student, ich glaube an der Welthandel (heute: Wirtschaftsuniversität), und litt natürlich – so wie wir alle damals – unter ständiger Geldknappheit.
Am Ende des Gigs - meistens so gegen 24:00 Uhr - sammelte er, nachdem das Publikum weg war, alle leeren Bierflaschen ein und verstaute sie im braunen Leinensack seiner Posaune, die dann naturgemäss ziemlich schwer war.
Damit schlich er aus dem Leupold hinaus und brachte am nächsten Tag das "Leergut" zu seinem Stammwirten, wo sich dann damit einige gute Bierchen ausgingen…
Angeregt von Walter hatte ich 1961 eine ähnliche Idee. Ich wohnte damals im Studentenheim in der Seilerstädte 30 und hatte einen Puchroller, der unter ständigem Spritmangel litt.
Eines Abends erhielt ich einen Anruf aus Neustift (a.W.) von Franzi Bilik, hier sei eine lustige Runde, ich soll doch rauskommen. Aber wie? Wieder einmal "tippelneger", wie die Wiener damals sagten (ich weiss: nicht mehr politisch korrekt!).
Ich sammelte alle Bierflaschen des Studentenheims ein, deren ich habhaft werden konnte und begab mich zum Mnozil auf der Seilerstätte um durch die Rückgabe Geld daraus zu machen. Funktionierte prächtig, ich hatte genug Geld um den Puchroller aufzutanken und in Neustift noch einige Viertel vom Weissen zu trinken (0,8 Promille gab es damals noch nicht).