März - April 2002
In sehr zwiespältiger Erinnerung ist uns dieser Gitarrist aus der Frühzeit des Blues geblieben - einerseits ein gewaltiger Urmusiker des Country-Blues wie wir ihn kein zweites Mal zu hören bekamen, andererseits ein böser, hinterlistiger ja fast gemeiner alter Mann, den ich - wenn er nicht nebenher auch ein Genie gewesen wäre - am liebsten in den Hi.....
Zum ersten Male nach weit über 30 Jahren traf er zum Beispiel mit dem Pianisten BLIND JOHN DAVIS bei einem extra für diesen Anlaß konzipierten Konzert im "Porrhaus" zusammen. Als er bemerkte, welch großen Erfolg der liebenswerte, blinde Mann am Piano beim Publikum hatte, drehte er seinen Verstärker so laut auf, daß die Klavierklänge vollkommen im Saitenkrescendo untergingen.
Fast schon kriminell zu nennen war seine Aktion mit dem Wintermantel. Als Big Joe ankam - direkt aus dem sonnigen Süden der USA - fror er einigermaßen und so kauften wir auf seinen Wunsch einen warmen Mantel - sein Manager würde ihn bezahlen, meinte er, ich solle den Betrag einstweilen nur auslegen, was ich natürlich auch tat.
Seinem Manager, dem rührigen, aber zeitweise etwas verträumt und unglücklich agierenden ZIGGY CRISTMANN aus Koblenz, schwor er Stein und Bein, er habe mir das Geld gegeben.
Was sollten wir tun? Wir teilten uns den Verlust, aber so richtig lieb gewinnen konnten wir Joe danach nicht mehr.
Nicht persönlich erlebt habe ich eine andere Geschichte, die ich vorerst nicht so recht glauben wollte, erst als ich Joe persönlich kannte, erschien mir die Story mehr als nur plausibel:
Steif und fest behauptete Big Joe einem deutschen Manager gegenüber, daß dieser verpflichtet wäre, ihm jeden zweiten Abend eine "Dame" zur Verfügung zu stellen, das stünde in seinem Vertrag. Der Manager holte sein Exemplar hervor, da stritt Big Joe die Echtheit desselben vehement ab - in seinem Original wäre diese Vertragsbedingung genau verzeichnet - und dies, obwohl Big Joe nicht eine Zeile lesen konnte.
Und trotzdem - Big Joe war ein Großer Mann. Sein Abend im JAZZLAND war eines der unvergeßlichsten Erlebnisse, die ich im JAZZLAND erleben durfte.
Der Club war gerammelt voll, die Fans saßen zum Teil vor Joes Füßen auf dem Podium, und er steigerte sich in einen unvorstellbaren Spielrausch. Der erste Set dauerte fast zwei Stunden, dann machte er kaum zehn Minuten Pause und es ging weiter. Dank seinem riesigen Repertoire und seiner Fähigkeit zur spontanen Improvisation kam keine Sekunde Langeweile auf, und nach weit über vier Stunden reiner Spielzeit waren die Fans weit erschöpfter als der doch schon weit über 70-jährige Big Joe.
So wurde dieses erste ausführliche Zusammentreffen mit ihm doch zu einem ganz großen Erlebnis. Trotz all seiner Widerwärtigkeiten würde ich ihn sofort wieder engagieren, wenn er noch am Leben wäre.