Juli - August 2015
Wo der Bebop entstand ... | Eddie "Lockjaw" Davis ts & Art Farmer flumpet |
Wenn man eine Liste der wichtigsten Jazzmusiker aus den USA, die in den nunmehr 43 Jahren JAZZLAND-Geschichte bei uns aufgetreten sind, zusammenstellt, dann würden Eddie "Lockjaw" Davis und Art Farmer sicherlich in vorderster Front aufscheinen. Eddie wurde (warum auch immer) zu einem unserer engsten Freunde und gastierte in 12 Jahren immerhin 18 volle Wochen im 'landl, und Art wurde (nach anfänglicher Zurückhaltung) über Jahrzehnte hinweg zum vertrauten und treuesten Stammgast.
Doch zu unserem größten Erstaunen – wann immer Eddie in den 70-ern auch bei uns gastierte, warteten wir vergeblich auf einen Besuch von Art Farmer. Irgendwann einmal tauchte diese verblüffende Tatsache bei einem der zahlreichen Jaws-Frühstücke in unserer Wohnung zwischen Rühreiern und Speck, Toast und Orangenmarmelade auf.
"Kein Wunder", lachte Eddie, "er hegt einen jahrzehntealten Groll gegen mich!"
Und das kam so: Eddie war schon Mitte der 40-er Jahre eine prominente Persönlichkeit der New Yorker Jazzszene, ohne daß sein Name in dieser eher wirren Epoche schon weltweit bekannt geworden wäre. Er leitete lange Zeit im "Minton's Playhouse" – wo die Be-Bop Revolution stattgefunden hat – das Haustrio, und er muß schon damals eine besondere Persönlichkeit gewesen sein, denn er bestimmte mehr oder weniger, wer zu den frühmorgendlichen Jam Sessions zugelassen war – und wer nicht. Es gibt gar nicht so wenige mehr oder obskure Mitschnitte von diesen unangekündigten Konzerten – Joe Guy ist zu hören (der später die arme Billie Holiday heiratete und verprügelte), der herrliche Charlie Christian mit seiner (damaligen) Wundergitarre und natürlich die Hauptakteure der kommenden Musik – Charlie Parker und Dizzy Gillespie.
Nicht zu hören ist ein junger Mann aus Iowa, der damals unbedingt "einsteigen" wollte und der mehrmals an Jaws unerbittlichem "No!!!" scheiterte. "You are not ready, yet", sagte Eddie Davis zum knapp siebzehnjährigen Art Farmer und ließ ihn nicht auf die Bühne.
"Wahrscheinlich hat er mir damals einen unheimlichen Gefallen getan", sagte Art rund ein halbes Jahrhundert später. "Vielleicht hätte ich frustriert die Trompete an den Nagel gehängt, wenn ich erkannt hätte, wie weit ich von den wirklichen Meistern damals noch entfernt war.....!"
Aber der heimliche Groll hielt sehr lange – erst Jahrzehnte später kam es dann endlich im JAZZLAND zu einem "Friedensschluß" der beiden Giganten – ich durfte stummer Zeuge sein, wie sich die beiden zuerst fast förmlich begrüßten und miteinander zu plaudern begannen – was gesprochen wurde, weiß ich natürlich nicht (an diesem Abend hätte ich gerne eine Secret-Service-Ausrüstung im JAZZLAND gehabt) aber hin und wieder und immer häufiger hörte ich ein vornehmes (Art) oder bellendes (Jaws) Lachen und irgendwie hatte ich Tränen in den Augen als sich die beiden beim Abschied herzlich umarmten....