Story des Monats

Jänner - Februar 2011


Es ist eigentlich unfaßbar - seit über 10 Jahren gibt es jetzt die "Stories des Monats" auf unserer Homepage, aber einer der treuesten Stammgäste - nämlich der grandiosen DANA GILLESPIE - wurde noch keine eigene Geschichte gewidmet. Woran das liegt: sicherlich auch daran, daß fast jeder JAZZLAND Stamm- und/oder Gelegenheitsgast die herrliche britische "Blues-Lady" kennt (und ich daher unsere Leser nicht mit Altvertrautem belästigen möchte) und vielleicht auch daran, daß ich auf einen (zumindest klitzekleinen) Skandal oder eine pikante Mißstimmung wartete, um diese dann in einer Story zu verbraten - aber in all den Jahren kam nichts. Kein Krach, kein böses Wort, kein Mißverständnis - nichts außer Harmonie und fast schon kitschigem Wohlgefallen.
Allerdings befindet sich im ersten, längst vergriffenen JAZZLAND-Buch aus dem Jahr 1992 eine kleine Story, die ich jetzt vorstellen möchte (natürlich mit einigen Ergänzungen - denn der Julius ist z.B. inzwischen nicht mehr sieben sondern sechsundzwanzig Jahre alt . . .).
 
Dana Gillespie
 
Dana Gillespie Dana Gillespie
   

Als unser JULIUS das allererste Mal verliebt war - jetzt mit sieben hat er schon eine ganze Reihe von "Affären" hinter sich -, da konnten wir beruhigt feststellen, dass er einen sehr guten Geschmack hat. In seiner Nachttischlade versteckte er ein Foto von DANA GILLESPIE, und als er sie im 'landl traf, da war er zum Handgeben fast zu schüchtern. Jetzt haben die beiden ein geordnetes, freundschaftliches Verhältnis, und er freut sich mit uns und all ihren Fans, wenn sie wieder einmal in Wien Station macht.

Sie kam 1980 das erste Mal zu uns, spielte damals im "English Theatre" schau und hörte von ERIK TRAUNER, daß es da einen Club geben soll, in dem man so richtig guten Blues, Boogie und auch Jazz hören kann. Dann stieg sie einmal bei der MQJO BLUES BAND ein - und eine Sensation war geboren.

Jahrelang dauerte die Zusammenarbeit mit dieser herausragenden CHICAGO-BLUES-BAND, zwischendurch machte sie auch sehr schöne Abende mit Jazzformationen, besonders mit der ORIGINAL STORVILLE JAZZBAND, wo sie in der BESSIE-SMITH-Rolle so manches Glanzlicht setzte. Dann kam die Pop-Branche darauf, welch großes Talent als Komponistin, Texterin und Sängerin sie eigentlich ist, und längere Jahre konnten wir sie nur via Ö3 hören, wo ihre zwar guten, aber doch außerhalb unseres Interesses liegenden Lieder zu Hits gemacht wurden. Aber, wie alles in diesem Metier, dauerte dies nicht ewig - und sie kehrte zwar nicht reuig, aber doch sehr gerne in den Keller zurück. Nach einigen nicht ganz geglückten Versuchen mit englischen Bands hat sie jetzt mit JOACHIM PALDEN und natürlich dem so vielseitigen MARTIN WICHTL ausgezeichnete Partner gefunden, die vorliegende Platte ist ein überzeugendes Dokument für diese kongeniale Partnerschaft. Natürlich könnte sie in der Pop-Branche ein internationaler Star werden, aber ich glaube, dazu fehlt ihr der beinharte Charakter.

Ich glaube, sie ist sehr glücklich, frei und ungebunden, Blues & Boogie zu singen, Indien zu erleben und mit ihrem Citroen DS-Pallas durch die Gegend zu fahren.

Eine Leidenschaft, die sie übrigens mit Boogie-As JOACHIM PALDEN teilt, der meist zwischen fünf und acht alte Citroen-Modelle mit Fleiß, Geschick und viel, viel Arbeit zu einem fahrbaren zusammenbaut.

Bald werden die beiden wohl die einzigen sein, die mit diesem herrlichen Auto noch durch Wien kutschieren.

P.S.: Inzwischen hat es natürlich im JOACHIM PALDEN TRIO einige Änderungen gegeben - der so ungemein vielseitige MARTIN WICHTL hat am Saxophon eine lange Reihe ebenso kompetenter Nachfolger gefunden - nach PETER KÖLBL und dem schweizerischen Export nach Chicago SAM BURCKHARDT hat jetzt der Deutschland-Import TOM MÜLLER diesen Stuhl inne - und die erblich erheblich belastete Martin-Pyrker-Tochter SABINE PYRKER trommelt sich die Seele aus dem schmächtigen Körper.

(Fast) unverändert ist nur DANA GILLESPIE herself geblieben. Im Jahre 1980 ist sie das erste Mal im JAZZLAND aufgetreten und seitdem ist sie maximal um zirka 12 bis 15 Jahre gealtert - wie sie das macht ist ebenso ihr Geheimnis wie ihre Fähigkeit mit stets gleichbleibendem Temperament und musikalischem Feeling auf vier Kontinenten innerhalb von fünf Wochen mit sechs verschiedenen Bands in sieben unterschiedlichen musikalischen Stilen weit über acht vollkommen ausverkaufte Programme auf die Beine zu stellen - das macht ihr so bald keine nach.

Und bei all diesem Stress bleibt sie immer die gleiche liebenswerte, freundliche und umgängliche Dame, die an ihrem Tee nuckelt und hin und wieder ein "Tiroler G'röstl" in vegetarischer Sonderanfertigung zu sich nimmt: garantiert ohne Wurst und Zwiebel - nichts außer unsere Qualitäts-Bramburi leicht angeröstet mit einem Spiegelei darüber.


© Axel Melhardt
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