Story des Monats

September - Oktober 2012


Kapitel 16 einer (möglichst) langen Serie .....
Axel Melhardt Axel Melhardt plaudert:

Manchmal kann es passieren, daß sehr nette "Geschichten die das Leben schrieb" durch Tagesereignisse überrollt werden und so in Vergessenheit geraten. So ist es der unterstehenden rundum positiven Story (wenn man vom Regen absieht) geschehen, die sich vor über einem Jahr ereignete - sie ist es aber noch immer wert, erzählt zu werden.....
 
Das Wasser und die Polizei
 
40 See am Ruprechtsplatz Polizei und Strassenkehrer als Freund und Helfer Ruprechtsplatz - der See ist verschwunden
Der "See" am Ruprechtsplatz Polizei und Strassenkehrer als Freund und Helfer Der "See" ist verschwunden
 

Es liegt wahrscheinlich in der Natur der Dinge, daß man mit der Polizei meist unangenehme Erinnerungen verbindet – ob die (untenstehenden) Ausnahmen die Regel bestätigen, weiß ich nicht ...

Am 8. Juni 2011 ging über Wien eines der heftigsten Gewitter der letzten Jahrzehnte nieder, was uns natürlich in Alarmstimmung versetzte – denn im JAZZLAND sind wir es jetzt schon gewohnt, daß bei solch schweren Unwettern ziemlich umfangreiche Überschwemmungen zur Tagesordnung gehören. Aus einem kleinen Lichthof, gleich beim Eingang, strömen bei solch einer Gelegenheit wahre Wassermassen, denn der Abfluß ist nicht für solche Mengen dimensioniert und wir haben schon erlebt, daß die Fluten bis in den Hauptraum und zur Bühne und sogar bis zur Bar vordringen – aber das alles sind wir schon gewohnt: ich kann mich diffus (weil schöpfend) daran erinnern, daß Axel Zwingenberger scheinbar unbeirrt wahre Boogie-Kaskaden aus dem Bösendorfer holte, während H2O-Kaskaden die Stufen herab flossen – ein Niagara des Kleinen Mannes ....

Absolut neu war aber bei dem June/Eleven/Event, daß sich diesmal auch hinter der Bühne ein massiver Wasseraustritt ereignete – sehr überraschend, denn wir glaubten zu wissen, daß sich über der Bühne nur Teile der Ruprechtskirche und die Hausmauer befinden.

Ich kam auf die Idee, den 55 Stufen (also gute zwei Stockwerke) höher befindlichen Ruprechtsplatz zu kontrollieren – und fand dort einen kleinen See vor – ca. 15 mal 20 Meter im Umfang und bis zu 25 cm tief. Man erkannte unter dem natürlich schmutzigen Wasserspiegel zwei Kanaldeckel – und es war kein abrinnendes Wasser zu erkennen.

Daher: Hilferuf an die Feuerwehr und der freundliche Beamte erklärte mir, man sei fürchterlich überlastet (verständlich) und man würde spätestens in fünf Minuten oder frühestens in drei Stunden kommen.

Bei uns im Keller tropfte es von der Decke und den Wänden, das Nass benetzte die elektrischen Leitungen und die Verstärker, wir drehten den Strom auf der Bühne ab – das Konzert wurde abgebrochen.

Nervös stieg ich immer wieder die Stufen zur Straße hinauf, um auf die Feuerwehr zu warten......

Ich beobachtete drei Polizisten, die einen vor der warmen Abluft der BILLA-Filiale den Schlaf des Gerechten schlafenden Freizeitphilosophen kontrollierten und als mich einer der Herren fragend ansah (vielleicht erkannte er die Panik in meinen Augen), erzählte ich ihm von meinen Sorgen.

Kurzentschlossen begann er mit seinen Kollegen den Aufstieg zum Ruprechtsplatz, und "verhaftete" dabei am Weg noch zwei (sehr freundliche aber ein wenig unentschlossen wirkende) Mitarbeiter der MA 48 und zu fünft begannen sie die hunderte Liter Wasser mit umgedrehten Mistschaufeln und Besen in die durch "Stir'ln" mit Besen- und anderen Stangen endlich halbwegs durchlässig gewordenen Kanaldeckeln zu bugsieren.

Gut zwanzig Minuten schufteten die drei Polizisten und die zwei "Straßenkehrer" und endlich senkte sich der Wasserspiegel eindeutig, und ich erfuhr per Handy aus dem JAZZLAND, daß das Intervall zwischen den einzelnen Tropfen länger und länger wurde.

Die Gefahr war gebannt, denn als eine gute Stunde später die sichtlich erschöpften Herren mit dem roten Feuerwehr-Einsatzwagen ankamen, war der schlimmste Teil längst überstanden.

Ich hoffe, daß die drei Polizisten als Retter in der Not mit ihrem Einsatz nicht ihre Kompetenz überschritten haben – und ich möchte mich bei Ihnen nochmals sehr herzlich für die absolut notwendige Hilfe aus einer äußerst prekären Situation bedanken.

In dem ganzen Stress habe ich natürlich vergessen, mich nach Namen oder Dienstnummer zu erkundigen – daher wie der alte Kabarettist Karl Farkas bei solchen Gelegenheiten zu sagen pflegte:

"Bitte vor den Vorhang"

Axel Melhardt – Jazzland – Wien

P.S.: Inzwischen wissen wir, daß sich hinter der Stirnseite des JAZZLAND-Hauptraumes nicht nur Kirche und Haus sondern auch Teile der ehrwürdigen Stadtmauer verstecken – und diese Stein-Relikte haben das Regenwasser auf die Bretter, die für viele Jazzer die Welt bedeuten, geleitet.........


© Axel Melhardt
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