Story des Monats

Juli - August 2005


 
JIM GALLOWAY
 
Jim Galloway, Junior Mance Jim Galloway, Martin Spitzer
Jim Galloway ss, Junior Mance p Jim Galloway ss, Martin Spitzer g


Nur wenige europäische Musiker haben es geschafft, jenseits des Großen Teiches wirklich Fuß zu fassen. JOE ZAWINUL - der übrigens der einzige österreichische Superjazzer neben HANS KOLLER ist, der nie im JAZZLAND gespielt hat - ist einer der wenigen, und natürlich der Schotte JIM GALLOWAY, der vor ungefähr 40 Jahren den Sprung nach Kanada wagte, und jetzt neben BOB WILBER und KENNY DAVERN als der reed-man des traditionellen Jazz gilt.

Er spielt sein gebogenes Sopransaxophon so wie JOHNNY HODGES es gespielt hätte, wenn er es öfters zur Hand genommen hätte. Lyrisch und zugleich zupackend vital, voller Bluesfeeling und überschäumendem Swing.

Wir lernten Jim - wie so viele andere Musiker auch - beim Jazzfestival in Nizza kennen, als dieses noch ein wirkliches Jazzfestival und keine Vermarktungsmesse für Jazz- und Rockstars war. Damals spielte jeder mit jedem und jeder neue Auftritt war eine kleine Premiere, die (wie es die Natur der Sache ist) auch manchmal in die Hose gehen konnte.

JIM hatte in Nice 1975 ein eigenes Sextett, in dem er klingende Namen präsentierte: BUCK CLAYTON, der leider wegen seiner Lippenprobleme kaum mehr richtig spielen konnte, BUDDY TATE und JAY McSHANN.

Als mir nun im September 1977 der große BUDDY TATE himself angeboten wurde, und mir der betreffende Manager nach dem Vorgespräch fast schüchtern bekannt gab, daß BUDDY mit einem gewissen JIM GALLOWAY auf Tournee sei, und ob ich bereit wäre, für den unbekannten Jazzer aus Toronto zumindest die Hotelkosten zu übernehmen, da sagte ich gleich enthusiastisch zu - und der gute Manager wunderte sich, daß ich den JIM GALLOWAY so gut kannte.

So begann eine jahrelange Freundschaft und Zusammenarbeit mit diesem herrlichen und unterschätzten Musiker, die in zwei LPs, die JIM mit den RED HOT PODS einspielte, gipfelte. Dazu kamen unzählige phantastische Abende im 'landl mit all den großartigen Musikern, die Wien im traditionellen und im Swingbereich zu bieten hat.

Als vor einigen Jahren ein RIVERBOAT-SHUFFLE auf der Donau von Wien nach Budapest veranstaltet wurde, fiel dem Schweizer Veranstalter im letzten Moment der Saxophonist aus, der mit WILD BILL DAVIS eine Woche lang auf den Wellen swingen sollte. Ich schlug dem desparaten Mann vor, JIM GALLOWAY als Ersatz zu nehmen. Er kannte ihn nicht, WILD BILL hatte zwar schon etwas von JIM, ihn selbst aber noch nie spielen gehört, aber man wagte es, sich auf meinen guten Geschmack zu verlassen.

Als dann im Anschluß an den Donautrip im 'Iandl gejazzt wurde, da waren WILD BILL und JIM schon ein Herz und eine Swingseele.

"Wenn JOHNNY nur öfters Sopran gespielt hätte", verdrehte WILD BILL fast lüstern die Augen.

Aber dann kam sein Nachsatz, der einiges Gewicht hat, denn schließlich hat WILD BILL mehr als 10 LPs mit dem unvergleichlichen HODGES eingespielt: "Besser als JIM hätte er es auch nicht machen können."


© Axel Melhardt
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