Story des Monats

Jänner - Februar 2010


 
Treffen zweier Welten
 
Rudi Hansen Rudi Hansen, Siegi Dietrich, Udo Ehmsen, Ernst Machacek
Rudolf Hansen b Rudi Hansen b, Siegi Dietrich cl, Udo Ehmsen bjo, Ernst Machacek co
 

Eine der markantesten Persönlichkeiten des österreichischen Jazz war zweifellos der Bassist und Pädagoge RUDOLF HANSEN, der Zeit seines Lebens einen unauslöschlichen Eindruck auf alle Musiker (und auch die Hörer) ausübte, die das Glück hatten seine Bekanntschaft zu machen - und sei es nur von Ferne durch seinen Anblick auf einer Bühne. Allzu viel weiß ich nicht über seine Herkunft und seine Jugend, denn er war zwar einer der leutseligsten und lustigsten Menschen, die ich kennen lernen durfte, aber über seine private Lebenswelt und seine Jugend plauderte er nicht allzu oft - da lenkte er (vielleicht absichtlich oder auch durch Zufall) meist mit einem Scherz oder Bonmot ab.

Niemals werde ich sein erstes Konzert mit der Original Storyville Jazzband im JAZZLAND vergessen - ich weiß heute nicht mehr, wer den großen modernen Jazzbassisten damals für die zutiefst klassische Jazzband als Einsteiger engagierte, ich weiß nur noch wie vor dem Konzert der von der gesamten Wiener Jazzwelt heiß geliebte Kornettist ERNST MACHACEK zu mir kam und mich mit der Besorgnis konfrontierte, ob denn die Band für diesen Spitzenmann auch gut genug sei, während der RUDI seinerseits sich bei mir nach dem Repertoire der Band erkundigte - und dies wenige Minuten vor dem ersten Einzählen. Ich sagte irgend etwas in Richtung: "Quer durch den Gemüsegarten ...." .... und schon ging es los.

Der Abend war ziemlich gut besucht, und ich kann mich daher leider kaum an Einzelheiten dieses ersten Zusammentreffens von Ernsti und Rudi erinnern - ich weiß nur noch, daß in der ersten Pause Ernst Machacek strahlend zu mir kam und meinte: "Endlich einer von diesen großartigen modernen Bassisten, der jedes Lied von uns kennt - ein phantastisches Vergnügen!"

Und dann kam der zweite Set und als dieser vorbei war, strahlte Rudi Hansen in meine Richtung: "Herrlich, ich kenne zwar kein einziges Lied von der Band, aber die sind alle so organisch aufgebaut und vollkommen logisch, daß man sofort mitspielen kann ..... "

Höchstwahrscheinlich aus diesem Abend entwickelte sich eine rege und langjährige Tätigkeit des gefeierten Modern-Jazz-Profis in der klassischen Wiener Amateur-Jazzer-Szene, die von manchen ein wenig vom eigenen Ruhm geblendeten Fanatikern des Zeitgenössischen manchmal ein wenig von oben betrachtet wird, die aber von den nach Wien kommenden amerikanischen Spitzenjazzern durchaus ernst genommen wird.

Rudi Hansen gastierte jedenfalls von da an regelmäßig mit einer Unzahl von heimischen New-Orleans-, Chicago oder sonstigen Oldtime-Musikern mit Freude und Liebe im 'landl und war dann lange Jahre festes Mitglied der BARRELHOUSE JAZZBAND.

Ich kann mich noch an ein Bonmot von ihm erinnern, das eigentlich alles über diesen so liebenswerten und großartigen Musiker ausdrückt: als einmal ein etwas snobistisch angehauchter Hörer über die Fähigkeiten eines Musikers die Nase rümpfte, da meinte Rudi ganz lakonisch: "Der? Der ist der Beste! Denn wenn er nicht der Beste wäre, dann stünde er nicht hier auf der Bühne ....."


© Axel Melhardt
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